Rudern                                     2014

     von berlin nach flensburg




Wie kommt man von Berlin nach Flensburg? - Natürlich mit dem Ruderboot!

Was treibt einen Menschen an, eine Fahrt von Berlin nach Flensburg im Ruderboot – auf dem Wasserweg – durchzuführen? Der Gedanke, zu einem Jubiläum, etwas Besonderes zu veranstalten ! So vor über einem Jahr von Heino Hansen vom Ruderklub Flensburg angedacht, dann viele Tage und Wochen mit den damit verbundenen Organisationen verbracht - um dann am 31. August in Berlin tatsächlich zu starten.

Am Tag zuvor gab es die „Testfahrt“ des im Vorfeld überführten Inrigger-Vierers vom Bootshaus der Ruder-Riege im Borsighafen am Rande des Tegeler Sees zum Spandauer Ruderclub Friesen. Dort nämlich, wo in den Nachkriegsjahren schon einmal zwei Boote ihre Reise auf dem Wasserweg in Richtung Norddeutschland antraten. Näheres zu den Hintergründen ist auf der Internetseite des RKF   http://www.ruderklub-flensburg.de/ unter der „Historien- wanderfahrt Berlin – Flensburg“ nachzulesen.

Wie kommen wir Waidmannsluster dabei aber ins Spiel, mal abgesehen davon, dass wir ein Quartier für Mannschaft und Boot (siehe unten) stellen konnten?




Ganz einfach: Heino erzählte uns schon vor längerer Zeit von diesem Plan, und wir (Uwe und ich – die Verfasserin des Artikels) sagten damals schon, da wären wir gern dabei. Als die ersten Planungen begannen, diese bis zu 3 Wochen dauernde Fahrt zu organisieren, schränkten wir Landratten unseren Fahrtanteil auf die Gewässer der Ostsee ein, denn Havel und Elbe gehören ja zu unseren „Heimatrevieren“. Aber Überführung eines Bootes über die Küstengewässer bis hinein in die Flensburger Förde, das würde uns gut gefallen. Ganz unbekannt ist uns das Rudern auf der Ostsee ja auch nicht, sind wir doch schon viele Sommer Rund um Hiddensee oder Rügen gerudert. Auch waren wir schon mehrfach mit dän. Freunden auf deren Heimatgewässern unterwegs.

Es wurde also konkret, und die Planung sah vor, dass wir am 6. September nach Mölln anreisen. Dort wurden wir bei hochsommerlichen Temperaturen und der damit verbundenen „Sonne satt“ abends zünftig empfangen, mußten formal beim Fahrtenleiter („VL“ genannt) „anheuern“, wurden dann auch noch freundlich „an
Deck begrüßt“, um am nächsten Morgen sofort auf die Ruderbank verband zu werden, denn wir hatten das Kleingedruckte nicht gelesen, was besagte, wir hätten Frondienste am Riemen zu leisten.

  
   

Unser erster Tag führte uns dann also von Mölln nach Lübeck, über Elbe-Lübeck-Kanal und Kanaltrave. Eine lange Mittagsrast gab es bei der Lübecker Rudergesellschaft. Wegen unverschämt schönem Wetter ging es noch weiter über die Trave bis ins Schlutuper Wiek, wo wir unser Boot über Nacht bei einem bewirtschafteten Segelverein sicher ablagern konnten. Unser eigenes Nachtquartier war für 2 Tage in der JH in Lübeck. Abends ging es in die „Bar Celona“ … das Bier schmeckte und der Hunger war groß.

Am zweiten Tag erreichten wir kurz vor Mittag dann die Ausfahrt aus den Binnengewässern – und eroberten uns bei Travemünde mit der Lübecker Bucht endlich die Ostsee.


Weil das Wetter – extra für uns – weiter super blieb, schafften wir es am ersten Ostseetag gleich bis Grömitz. Abends schmeckte es uns wieder im „Bar Celona“ in Lübeck.
 


Am nächsten Morgen – unserem dritten Tag - war wieder Kofferpacken angesagt, der Tross zog weiter. In Grömitz und bei der Mittagsrast am Strand war noch alles schön.

           

Aber keiner hatte auf dem Plan, das Uwe in der Nacht seinen ersten „Wellentanz“ zelebrierte – was für uns hieß, im Laufe des Tages mit festem Winden zu rechnen. Und dem noch nicht genug – war er vorbereitet: holte also nach einer kleinen Rast am Nachmittag, in der uns dann auch der erste Regenguß überraschte, flugs seinen Surfanzug raus, schlüpfte hinein und fragte – geht’s jetzt los?!



Nun galt es also die Fehmarnsundbrücke zu unterqueren, dabei dem weiter zunehmenden Seegang zu trotzen und die Tagesetappe tatsächlich in Heiligenhafen zu beenden. Das gelang dann auch mit vereinten Kräften – und wir hatten nach leichtem Rodeofeeling im Boot ersteinmal alle genug – sogar Uwe! Das Bett würde in dieser Nacht ordentlich schaukeln!

Die nächsten beiden Tage stellten uns vor Probleme ganz anderer Art. Wir wurden fremdbestimmt, weil 2 vor uns liegende Schießgebiete nun überraschend täglich von 8.00 - 16.00 Uhr genutzt werden sollten – hieß also tagsüber ist kein Durchkommen für uns. Also: Rudern am Nachmittag. Wir haben morgens mal ausgeschlafen, gemütlich gefrühstückt und dann den sonnigen Mittag in Heiligenhafen genossen: Sonnenbad, „Dosensuche“ (Geocaching), Autopflege, Nahrungsbeschaffung … jeder ganz individuell. Da wir bis zum ersten Schießgebiet noch einige km zurücklegen mußten, stachen wir etwas früher in See, um dann Punkt 16.00 Uhr an der ersten Schießgebietsgrenze einzutreffen. Ein kurzes Telefonat mit einem Oberbootsmann und der Erteilung der Freigabe zur Passage - es konnte endlich losgehen. Das Wetter war gerade wieder super, sooo könnte es weitergehen - aber weit gefehlt. Uwe hatte schließlich – vorsorglich? - seinen Gummianzug an. Wir konnten zwar das erste Sc
hießgebiet überwinden, aber mehr dann eben auch nicht mehr. Wir mußten uns für ein spontanes Anlegemanöver entscheiden, weil die weiteren Strand-km sehr steinig sein sollten und somit ein Anlegen vorläufig dann nicht möglich wäre. Wir kamen relativ gut, aber eben doch ziemlich feucht am Weißenhäuser Strand an. Der Landdienst mußte vom angekündigten Tagesziel zurückbeordert werden und hatte dann auch einige Mühe, zu uns vorzudringen, da wir im Bereich eines riesigen Luxus-Resorts angelandet waren. Der einzige Vorteil, das „Bootshaus“ konnte uns mit heißen Getränken allerdings zu luxuriösen Preisen helfen. Als der Landdienst bei uns eintraf – war der „VL“ plötzlich weg. Er telefonierte letztmalig mit seiner Frau – dann war wohl der Akku leer. Es wurden mehrere Runden mit dem Bus gedreht, nichts zu machen, er blieb verschollen. Also alle ausströmen, suchen. Es wurde langsam dunkel – aber großes AH … da war er wieder! Völlig durchfroren wurde er in den Bus verfrachtet und von uns umsorgt, Banänchen, Kekschen, Schnäpschen … Am Abend hatte er nicht mal mehr auf‘s bloggen Lust – das haben wir dann erledigt. Das Los eines „VL“ ist halt nicht zum Leckerschlecken!

Das 2. Schießgebiet sollte dann am nächsten Tag „umschifft“ werden. Der Morgen verlief nach Ausschlafen, ausgiebigem Frühstück und bei tristem Wetter in Kiel bei Spazier- und Shoppinggängen.

  

Mittags ging es dann zum Bootslagerplatz … und welch eine Aussicht, hier ist doch alles schön und die Brandung sollte machbar sein. Wir Landratten „erklärten“ den Fischköppen den Schnellstart am Strand und schon ging es los:
Badeklamotten an – oder Gummianzug  a la Uwe, trockene Rudersachen im Sack unter Deck. Boot in die Brandung gelegt, Platz 1 und 2 machen sich als erste bereit, steigen flugs ein, Platz 3 und 4 folgen, jetzt muß alles ganz schnell gehen. Zuletzt folgt der Steuermann. Mit Hilfe des verbliebenen Landdienstes, der mittlerweile bis zur Brust im Wasser steht, aber tapfer das Boot festhält, gelingt der Start.

 

Rudern durch die Brandung und schnell wird klar, es wird ein schöner Nachmittag – mit viel Sonne und zunehmendem Schiebewind. Dieser bringt uns bis zum Schönberger Strand. Von dort geht es nach Kiel zurück. Den Abend verbringen wir in einem Szenelokal, wie ich es in Berlin–Kreuzberg vermuten würde – bei lecker Essen und Grappa. Mal sehen was der nächste Tag bringt.

Trotz dritter Ankündigung, in aller Herrgottsfrühe rudern zu müssen, dürfen wir an unserem sechsten Tag wieder ganz normal aufstehen, müssen aber wieder Klamotten packen, da wir heute Abend bei der Kieler Ruderkameradin Petra Gut übernachten werden. Gestartet wird also wieder am Schönberger Strand. Es geht vorbei an Brasilien und Californien, die Sonne läßt sich schon gelegentlich blicken, wir träumen von kühlen Drinks am Strand unter Palmen und bei unserer Mittagsrast in Laboe ist sie dann da … die Sonne satt … und verläßt uns erst wieder – als es dunkel wird. Heißt, wir konnten wieder einen guten Km-Kanten hinter uns bringen, gelangten durch die Kieler und sogar noch die Eckernförder Bucht, um dann hinter Damp 2000 am Schuby Strand an Land zu gehen.

Ein wunderbarer, aber langer Rudertag – mit der Aussicht auf „Futtern wie bei Muttern“.
Die Busfahrt ist kurzweilig und schon sind wir wieder in Kiel und Petra erwartet uns schon. Alle werden verteilt, einige schlafen im Bus, der eigentlich ein Wohnmobil ist und „Luigi“ heißt. Frisch geduscht bekommen wir lecker Essen und bei kühlen Getränken verbringen wir einen sehr netten familiären Abend. Vielen Dank an Petra und ihre Tochter.
 
Der nächste Tag soll uns nun in die Flensburger Förde führen, raus aus der Ostsee, hinein in
uns schon fast vertraute Fördegewässer, waren wir doch schon einige Male bei unseren Flensburger Freunden zu Besuch. Aber das Wetter ist nicht so toll, so daß wir für die ersten 20 km, bei Wind von vorn fast 4h brauchen. In Falshöfft erwartet uns der schon ungeduldige Landdienst – oh Du heilige Weihnachtsgans: mit Dominosteinen. 







Das macht un
s aber Mut – und wir beschließen, weiter zu rudern, denn langsam macht sich auch Sehnsucht nach Zuhause breit. Schließlich sind die Flensburger doch schon 2 Wochen unterwegs und können den heimischen Steg schon fast sehen. Wir schaffen es unter Aufbietung aller Kräfte durch die Geltinger Bucht bis nach Langballigau, wo wir dann flugs nach Flensburg fahren, um dort in den heimischen Betten zu übernachten. Auch wir 2 Berliner brauchen nicht am Strand zu schlafen, werden fürsorglich bei Heino und Bettina im Haus untergebracht. Unsere spannende Ruderreise findet nach ca. 300 km bei einem ausgiebigen Buffet beim Chinesen in Flensburg ihr Ende.

Sonntag galt es für uns noch den Landdienst zu bestreiten und nach der herzlichen Verabschiedung von den Flensburger und neuen Freunden aus Gravenstein am Mittagsrastplatz beim Deutschen Ruderklub nach Berlin aufzubrechen.

           
   

Jetzt hat uns der Alltag wieder fest im Griff.
 

Lieber Heino,
wir sind froh, das wir zeitweise Teil des Teams sein durften.

Es war super – und wir erwarten MEHR … mehr Wellen … Meer halt!

Herzlichen Dank dafür.


Zwei begeisterte Fahrtenteilnehmer

Uwe und Heike (die Verfasserin des Artikels)


Anmerkung: Es gab übrigens einen extra dafür täglich geführten Blog unter  http://berlinflensburg.wordpress.com/. Dort kann gerne Weiteres nachgelesen werden.
- Bericht von Heike Lehmann  (RRTVW)